Nebelwaldbaden und Heidelbeeren
Mein Arbeitsweg führt zur Hälfte über eine schmale Straße mitten durch den Wald. Dies ist manches Mal, wenn ich morgens noch, oder abends schon, müde bin, eine kleine Herausforderung, gilt es schließlich besonders aufmerksam zu sein, denn Vögel, Kleinwild wie Hasen oder Rehe kreuzen regelmäßig meinen Weg. In letzter Zeit bietet mir dieser Weg aber auch eine großartige Möglichkeit. Durch die beinahe täglichen starken Regenfälle hängt morgens dichter Nebel zwischen den Bäumen. Tropfen glitzern in den Blättern, auf den Nadeln und perlen von dichtem bodennahem Bewuchs.
Für gewöhnlich schalte ich dann einen Gang runter, öffne die meines Autos und lade die wohltuende Luft ein hereinzukommen. Aber heute hab ich mich anders entschieden. Heute Früh auf meinem Weg zur Arbeit bin ich einem Impuls folgend rechts ran gefahren und ausgestiegen. Ich habe meine Ballerina ausgezogen und bin mit nackten Füßen einige Schritte den weichen Waldboden entlang spaziert, bevor ich an einer besonders einladenden Stelle stehen geblieben bin. Ich habe in Gedanken Wurzeln in den Boden geschlagen und die nebelschwere Luft tief eingeatmet.
Bereits im Herbst habe ich euch von Shinrin Yoku, dem Waldbaden, erzählt. Seither bin ich über ein wirklich spannendes Interview mit Christian Arzberger gestolpert, der in seiner AKADEMIE FÜR SINNHAFTIGKEIT die Ausbildung „Stille Selbsterkenntnis und innere Kraft durch Waldbaden“ anbietet. In dem Interview erzählt Christian, wie er – einem inneren Impuls folgend – zum Waldbaden gekommen ist und wie sich sein Leben und auch die Sicht darauf grundlegend verändert haben. Er wartet aber auch mit – zumindest mir – vollkommen neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu diesem Thema auf.
So erfahre ich, dass Bäume nicht nur durch die bereits im letzten Artikel erwähnten Terpene kommunizieren, sondern auch – oder vor allem – über das Wood Wide Web miteinander verbunden sind. Die Informationsweitergabe geschieht hier durch die Wurzeln und weiter über die Fäden der Mykorrhiza-Pilze. Auf diese Weise ist jedoch nicht nur ein effektives Warnsystem von Baum zu Baum gewährleistet, es können darüber hinaus auch Nährstoffe ausgetauscht werden und verletzte oder kranke Bäume so vorübergehend durch andere Bäume versorgt werden und zwar unabhängig von der Baumart. In einem Versuch konnte nachgewiesen werden, dass eine Birke eine Douglas-Tanne mit Nährstoffen versorgte. (nachzulesen unter https://naturwald-akademie.org/waldwissen/waldtiere-und-pflanzen/baeume-tauschen-sich-aus/).
Christian Arzberger weist zudem darauf hin, dass diese Vernetzung via Wood Wide Web sogar große Distanzen überwinden kann, zum Beispiel wenn eine Stadt inmitten eines Waldgebietes errichtet wird. Die Kommunikation wird hierbei einfach unterirdisch fortgeführt, wobei gegebenenfalls Bäume aus Parks und Gärten mit eingebunden werden.
Warum aber stehe ich nun in der Früh barfuß im Nebel und freue mich über all das so sehr, dass ich darüber schreiben muss? Eben diese Pilzmycele, über die so hervorragend unterirdisch kommuniziert wird, fliegen durch die Luft und werden in Wassertröpfchen in der Luft gebunden, weshalb sie im Morgennebel in hoher Konzentration auf Kopfhöhe verfügbar sind und nun über die Atemluft, die Schleimhäute, aber auch über die Haut aufgenommen werden können. Dies wirkt sich unter anderem positiv auf Angst- und Panikstörungen, Depressionen, Verwirrtheitszuständen, Krisen, inneren Blockaden, Herz-Kreislauf Erkrankungen, Krebs, Erschöpfungszuständen und Stressbelastung aus, um nur einige wenige zu nennen.
Und dies führt uns zu einem weiteren wichtigen Thema, dem Erden, oder auch Grounding genannt, wobei hier der bewusste Kontakt mit bloßen Füßen auf dem Erdboden gemeint ist. Hierbei bekommt der Körper die Möglichkeit sich über den Erdboden antioxidativ aufzuladen, wodurch unsere Zellen gut geschützt werden. Nun müssen wir auch die ständige Ladung, die uns durch Handy, Stromgeräte, W-LAN etc. umgibt berücksichtigen. Unser Körper nimmt diese Strahlung wie eine Antenne auf. Durch das „isolierte“ Gehen auf Gummisohlen fehlt jedoch unser „Erdungskabel“, weshalb diese Strahlungen nicht abgegeben werden können. Dieser ständige Ladungszustand wirkt sich gesundheitsschädigend auf unseren Körper aus. Verzichten wir nun bewusst auf unsere bequeme Isolationsschicht und gehen barfuß, wird es uns möglich für einen Ladungsausgleich zu sorgen. Vor allem im Morgentau ist der Boden, bedingt durch die Feuchtigkeit, besonders leitfähig und wir können einen tollen Energieausgleich schaffen, indem wir unnötige Ladungen an den Mutterboden abgeben und ganz nebenbei Antioxidantien aufnehmen. Das Tautreten morgens ist zudem ein hervorragendes Training für unser gesamtes Gefäßsystem. Wer mehr zu diesem Thema erfahren möchte, dem kann ich nur „The Earthing Movie“ ans Herz legen (zu finden zum Beispiel auf youtube.com).
Und als ich nun heute Morgen so dastand, die nackten Füße auf der feuchten Erde, all die Ladungen des Alltags in den weichen Mutterboden gebend und die Nebelluft meine Lungen durchspülen ließ sah ich inmitten der glitzernden Tropfen in Bodennähe etwas lila aufblitzen – ein Meer an wilden Heidelbeeren, laut Anthony Williams eine Pflanze mit kosmischer Intelligenz. Die wilden Heidelbeeren weisen einen hohen Gehalt an Anthocyanen auf, ein Antioxidans mit besonders hoher Fähigkeit die Zellen zu schützen und zu stärken. Die wildwachsenden blauen Früchte zählen zudem zu den Adaptogenen, also zu jenen Pflanzen, die über eine besondere Überlebens- und Anpassungsintelligenz verfügen. Auch eine immunsystemstärkende Wirkung sagt man den kleinen Beeren nach.
Und so starte ich heute tatsächlich auf allen Ebenen genährt in den Tag – dieser kann ja wohl nur mehr gut werden.